In diesem Jahr konzentrieren sich die Archäologen auf dem Areal der Varusschlacht in Kalkriese wieder auf ein germanisches Siedlungsareal. Dabei können interessierte Laien den Fachleuten ab sofort bis Ende August jeweils dienstags über die Schulter schauen.
Etwa zwei Kilometer westlich des Oberesch, dem Hauptfundplatz des Kampfgeschehens und heutigem Museumspark, wird noch bis Oktober auf einer Fläche von rund 1.000 Quadratmetern gegraben. Ein Grundriss eines germanischen Hauses, das nach ersten Erkenntnissen etwa zur Zeit der Varusschlacht existiert hat, haben die Archäologen schon freigelegt und mehrere römische Kupfermünzen entdeckt. „Durch die aktuelle Grabung möchten wir über das kriegerische Geschehen hinaus den Landschaftsverhältnissen und der germanischen Besiedlungsstruktur zur Zeit der Schlacht auf den Grund gehen“, so Dr. Susanne Wilbers-Rost, Leiterin Archäologie Varusschlacht im Osnabrücker Land. „Je mehr wir über die Siedlungsdichte in diesem Gebiet wissen, umso besser können wir einschätzen, was die Römer hier vor 2.000 Jahren vorgefunden haben – wir erforschen sozusagen die Bühne, auf der die Kämpfe stattgefunden haben“, ergänzt Grabungsleiter Dr. Achim Rost von der Universität Osnabrück.
Wie wurde die Landschaft um 9. n.Chr. genutzt? Wie dicht haben die Germanen das Gebiet besiedelt? Wie sahen die Verkehrswege aus? Wo ist die Beute aus der Varusschlacht geblieben? Diesen zentralen Fragen soll die aktuelle Grabungskampagne weiter auf den Grund gehen. „Wir möchten das kriegerische Geschehen in Kalkriese in Zusammenhang mit großräumigen Landschaftsverhältnissen setzen. So erhalten wir wichtige Erkenntnisse über die möglichen Aufmarschwege der Römer, aber auch über die einheimische Bevölkerung“, so Prof. Dr. Günther Moosbauer, Universität Osnabrück. Neben den infrastrukturellen Gegebenheiten ist für die Wissenschaftler die Interpretation der römischen Funde von großer Bedeutung. Sie versuchen herauszufinden, ob die Objekte als in die Siedlung verschleppte Beute oder als Hinweis auf Kampfhandlungen zu werten sind. Zusammengefasst wird dieser Forschungsansatz unter dem Begriff „Conflict Landscape“.
Gefördert werden die archäologischen Ausgrabungen von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG). Die wissenschaftlichen Untersuchungen in Kalkriese sind ein Kooperationsprojekt der Universität Osnabrück und der Varusschlacht im Osnabrücker Land.
Schon im vergangenen Jahr haben die Archäologen bei Grabungen westlich von Venne eine germanische Siedlungsfläche freigelegt, die in den Jahrzehnten um Christi Geburt, also etwa in der Zeit der Varusschlacht, bewohnt war. Neben Tongefäßscherben wurden tönerne Spinnwirtel und Reste von Eisenschlacken entdeckt, die Hinweise auf die Verarbeitung von Wolle und Metall geben. Wissenschaftlich besonders interessant ist der Fund mehrerer Fragmente von Mahlsteinen aus Basaltlava. Sie stammen wahrscheinlich von römischen Handdrehmühlen.
Allen, die einem echten Archäologen über die Schulter schauen möchten, ermöglicht die Varusschlacht im Osnabrücker Land während der Sommerferien an jedem Dienstag eine „Stippvisite auf der Ausgrabung“. Auf der aktuellen Grabung gibt es Informationen aus erster Hand. Besucher zahlen 3 Euro für die 30-minütige Führung. Treffpunkt ist das Besucherzentrum von Museum und Park Kalkriese. Eine Anmeldung beim Buchungsservice unter Tel. (05468) 9204 200 ist erforderlich. Weitere Informationen gibt es im Internet.
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